Walk-In

 

Es gibt ein Phänomen, das scheinbar nicht allen bekannt ist, die sich mit der Reinkarnationsfrage befassen. Man nennt es im Englischen “Walk-In”, etwa “Einsteiger”.

 

Wenn ein Mensch klinisch tot ist und oft eher unerwartet wieder zum Leben aufwacht, kann ein Seelenaustausch geschehen sein. Das hat nichts mit etwa “Besessenheit” zu tun. Die bisher den Körper “bewohnende” Seele ist bereits weggegangen und der Körper war für einen Moment wirklich tot. Jedoch kann, solange er noch belebbar ist, eine neue Seele den Körper übernehmen, fast so wie wenn ein neuer Fahrer einen Gebrauchtwagen übernimmt.

 

Bei einer Besessenheit wären (mindestens und auch meistens) zwei Seelen da. Die zum Körper gehörende sowie eine fremde Seele, die durch denselben Körper zu leben versucht. Beim “Walk-In” ist nur eine Seele da, aber eine andere als vorher.

 

Es scheint, dass die neue Seele meistens nicht ohne Einverständnis der anderen Seele den Körper übernimmt. Die frühere Seele, die auf dem Weg vom Körper weg ist, wird dann etwa sagen: “Du darfst gerne den Körper haben, ich will ihn nicht mehr” … Es ist natürlich nicht auszuschließen, dass die frühere Seele nicht mehr da ist und von der neuen nicht befragt werden kann.

 

Das Phänomen tritt selten auf und äußert sich dann meistens so, dass die Person, die nach dem “Klinisch-Tot-Sein” wieder aufwacht, sich selbst nicht mehr versteht. “Wie konnte ich so leben, wie ich es vorher tat? Nun habe ich völlig andere Interessen! So werde ich nicht mehr leben!” Die Person hat dann sehr oft spirituelle Interessen und will dementsprechend leben. Die Gesundheit kann sich auch rasch verbessern, denn es gibt ja im unbewussten Ich nicht mehr dieselben psychosomatischen Ursachen, wie vorher.

 

Diese in solchen Fällen meistens markant positive Wandlung der Persönlichkeit kann natürlich auch daher kommen, dass die Person im Nahtodzustand ein außerkörperliches Erlebnis hatte – auch wenn sie sich daran nicht bewusst erinnert – in welchem sie aufklärende Einsichten in eine andere Welt und über das Leben bekam. Es muss sich bei auffallenden Persönlichkeitsveränderungen also nicht immer um einen “Walk-In” handeln.

 

Die Umwelt versteht diese Wandlung nicht. Sofern die Person verheiratet ist, geht vielleicht die Ehe auseinander – denn es sind ja doch nicht mehr die Seelen zusammen, die geheiratet haben, sondern nur die Körper. Es kann natürlich auch sein, dass die Ehe besser wird.

 

Der “Walk-In” ist sich dessen nicht bewusst, was geschehen ist, denn die Person lebt, denkt und erinnert sich aus dem, was im Gehirn gespeichert ist, und dort liegt ja noch die ganze Erinnerung vom Leben vor dem beinahen Tod. Das, was mit der Seele zu tun hat, gehört zum unbewussten Ich, das allerdings nun ein neues ist. Der Seelenwechsel kann in einer Rückführung aufgeklärt werden, aber solche Fälle kommen in Rückführungen außerordentlich selten vor.

 

Es ist behauptet worden, dass es in solchen Fällen öfter so wäre (aber nicht immer), dass die neue Seele eine bestimmte Aufgabe habe und die Gelegenheit zu einem Kurzweg nutzen könne. Sie könne sich in dem Fall 20 Jahre oder mehr sparen, da sie nicht erst geboren werden und aufwachsen müsse, sondern sie könne rasch ihre Aufgabe aufgreifen. Somit würde es sich in solchen Fällen um eine mehr entwickelte Seele handeln.

 

Ungewöhnliche Fälle von Kindern, die sich an ein früheres Leben erinnern

Es gibt in den Untersuchungen von Ian Stevenson und anderen einige wenige Fälle, in welchen es sich herausstellte, dass die Person – die das Kind behauptet, gewesen zu sein – nach der Geburt des Kindes starb. So weit ich weiß, war in solchen Fällen das Kind aber schwer krank oder hatte einen Unfall, und war deshalb meistens eine Zeit lang bewusstlos, bevor es anfing, von einer solchen Erinnerung zu sprechen. Man erklärt dies als “Besessenheit”. Nach dem, was ich oben geschrieben habe, liegt aber die Erklärung “Walk-In” sicher näher! Es ist dann anzunehmen, dass das Kind in dem Sinne wirklich starb, dass die Seele, die bis zur Bewusstlosigkeit zum Körper gehörte, tatsächlich wegging. Aber dann übernahm eine neue Seele den Körper, und zwar die des “früheren Lebens”.

 

Was ist dann “Besessenheit”?

Nun aber zurück zum Fall “Besessenheit”, um einige oft vorkommende Missverständnisse aufzuklären. Mann unterscheidet schon seit dem Mittelalter zwischen “Umsessenheit” (lat. circumsessio) und der echten “Besessenheit” (lat. possessio). Die echte Besessenheit kommt außerordentlich selten vor. In einem solchen Fall möchte die andere Seele den Körper für sich haben und die dazugehörige Seele wegtreiben, oder eine negative Wesenheit will den Menschen völlig steuern und manipulieren. Wenn aber eine fremde Seele da ist, handelt es sich in den meisten Fällen um eine “Umsessenheit”. Jene Seele ist nach dem Tod verwirrt und verunsichert, und sie wagt es nicht, in die Lichtwelt zu gehen (so wird das Jenseits meistens beschrieben). Sie befürchtet nämlich, dort endgültig zu sterben, oder auch, in eine Hölle geschickt zu werden (die es nicht wirklich gibt). Deshalb klammert sie sich als Zuflucht an einen bereits beseelten Körper, ohne Absicht, diesen zu übernehmen. Das hat natürlich aber auch eine Auswirkung auf den “Wirt”. Selten einmal hat dieser “Wirt” sogar mehr als eine fremde Seele bei sich.

 

Damit sei nur kurz darauf eingegangen, um eben ein oft vorkommendes Missverständnis zu klären. In meinem Buch Reinkarnationstherapie (Heyne Taschenbuch, München, Dezember 2005) habe ich viel mehr über solche Fälle geschrieben.

 

Handelt es sich in Rückführungserlebnissen nicht auch um Besessenheit oder Umsessenheit?

Manche, v.a. kirchliche, Gegner der Reinkarnationsidee wollen behaupten, dass das, was Menschen in Rückführungen erleben, von Seelen oder Geistwesen “eingeflüstert” sei. Da nun aber grob geschätzt 90 % der Personen, die das Rückführungserlebnis suchen, es auch tatsächlich haben (die Erfolgsrate wird allerdings methodisch bedingt sein), müsste das bedeuten, dass 90 % der Menschen besessen oder umsessen seien! (Und in dem Fall höchst wahrscheinlich die Kritiker auch...) So wird jene Behauptung ad absurdum geführt und widerspricht sich selbst.

 

Was bedeutet das für die Astrologie?

Eine an sich interessante Frage ist, ob für ein “Walk-In” das Geburtshoroskop des Körpers noch gilt, oder sollte es für den Zeitpunkt des Wiederaufwachens des Körpers neu berechnet werden? Ich würde eher das Letztere annehmen...